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Reife Leistungen

Silver Workers, also Arbeitnehmer mit einem Alter rund um den offiziellen Renteneintritt, bringen für ihren Arbeitgeber Vor- und Nachteile

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von Regiomanager 01.04.2016
Sozialkompetenz, Know-how und Erfahrungen: Silver Workers gehören nicht zum alten Eisen (Foto: © stock.adobe.com)

Der Trend ist offensichtlich: Die Menschen werden immer älter, sind länger fit – und haben oft auch den Wunsch, länger oder, einmal in Rente gegangen, wieder zu arbeiten. Die sogenannten Silver Workers werden immer mehr. Auch wenn die meisten Arbeitnehmer durchschnittlich in Deutschland bereits vor der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand gehen. Circa 45 Jahre alt ist heute der durchschnittliche Arbeitnehmer – und er geht auf die 50 zu! Eröffnen sich hier neue Chancen für die Unternehmen? Sind sie gar eine Antwort auf den Fachkräftemangel? Oder ist das nur eine Entwicklung, die vor allem auf dem individuellen Wunsch fußt, für die Gesellschaft weiter wichtig zu bleiben?
Zunächst einmal ist festzustellen: Ältere Menschen bringen nicht automatisch weniger Arbeitsleistung. Das haben auch Studien der Universität Münster feststellen können. Was die Motivation und Stressresistenz angeht, konnten die Wissenschaftler sogar zu dem Schluss kommen, dass die Erfahrung von älteren Mitarbeitern zu besserem Umgang mit schwierigen Situationen führt.
Die „Welt“ und das „Handelsblatt“ berichteten im Herbst letzten Jahres davon, dass Arbeitnehmer der Generation 60 plus motivierter, engagierter und zufriedener im Job seien als ihre jüngeren Kollegen. Grundlage: die EY Jobstudie 2015, für die das Marktforschungsinstitut Valid Research 2.212 Arbeitnehmer in Deutschland befragte. Natürlich spielte Geld auch eine Rolle bei der Befragung – Gutverdiener bezeichneten sich öfter als hochmotiviert als Arbeitnehmer mit geringerem Einkommen. Doch grundsätzlich scheinen ältere Menschen mehr Spaß im Arbeitsleben zu haben.
Ein weiterer Grund dafür, älteren Bewerbern oder bestimmten Beschäftigungsmodellen mit älteren Mitarbeitern den Vorzug zu geben: Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, ist größer, und das Alter wie die größere Erfahrung bringen auch ein größeres Netzwerk mit sich, auf das der Angestellte im Bedarfsfall zurückgreifen kann.
Eine ganz wesentliche Eigenschaft älterer Mitarbeiter sei noch genannt: die gesteigerte Sozialkompetenz. Menschen, die schon 30 Jahre oder länger arbeiten, haben eine ganze Menge schwierige Situationen in ihrem Arbeitsleben gemeistert. Diese Erfahrungen kommen ihnen zugute – und dem Arbeitgeber. Denn schließlich bedeutet hohe Sozialkompetenz, dass Problemsituationen im Umgang miteinander deutlich einfacher behoben werden können. Was sich wiederum positiv auf den Arbeitsbetrieb auswirkt.     

Karl Lagerfeld als Vorbild?

Beispiel Metallindustrie: Hier ist die Zahl der Mitarbeiter in der Altersklasse 60 plus zwischen den Jahren 2000 und 2014 von 85.000 auf etwa 239.000 gestiegen – und hat damit um 181 Prozent zugelegt! In allen Branchen sind heute Menschen zu finden, die trotz eines Alters über 65 Jahre sehr erfolgreich im beruflichen Leben stehen. Ein schillerndes Beispiel: Karl Lagerfeld ist mit 82 Jahren einer der kreativsten Modeschöpfer.
Natürlich kann man, trotz gestiegener Lebenserwartung und einem enormen Fortschritt der Medizin, nicht leugnen, dass ein älterer Mensch im Durchschnitt körperlich über weniger Energie verfügt – wenn auch über mehr Kompetenz, diese effizient einzuteilen. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ging 2015 der Frage nach, warum der Krankenstand im Jahr 2014 wieder deutlich anstieg: Nach Angaben der Betriebskrankenkassen blieben im Dezember 2014 4,8 statt wie im Vorjahr 3,8 Prozent der Beschäftigten zu Hause. Das Institut kam zum Schluss, dass nicht die Grippeepidemie, die im Winter 2014/15 in Deutschland herrschte, ausschlaggebend war, sondern der steigende Prozentsatz der älteren Beschäftigten. Ältere Mitarbeiter erkrankten schwerer – und damit länger als jüngere Kollegen. Ein Grund, keine Silver Worker zu beschäftigen? Wohl kaum. Sicherlich spielt die Art der Arbeit hier eine große Rolle: Geht es um eine der Arbeitsstellen, die den Angestellten körperlich stark fordert, ist es sicherlich überlegenswert, ob ein junger Mensch nicht einfacher mit diesen Anforderungen auskommt. Je weniger anstrengend die Arbeitsstelle ist, desto geringer dürfte auch die Gefahr laufen, dass ältere Menschen auf dieser Stelle signifikant häufiger ausfallen als junge.
Menschen der Altersklasse 65 plus wollen oft nicht mehr Vollzeit arbeiten. Das sollte für den Arbeitgeber kein großes Problem sein. Flexible Arbeitszeitmodelle sind hier die Lösung. Das kann eine Halbtagsregelung sein, aber auch ein Arbeitszeitkonto mit einer verhandelbaren Kompromiss-Arbeitszeit. Ist der Mitarbeiter schon in Rente und arbeitet nebenher, gibt es verschieden Modelle wie den 450-Euro-Job oder
eingeschränkte Arbeitszeiten.  
Direkt finanziell sinnvoll kann das Einstellen von älteren Arbeitskräften auch anderweitig sein: Das Gesetz gewährt einen Förderungszuschuss, der dem Arbeitgeber bis zu drei Jahre lang gewährt wird, wenn er förderungsfähige Mitarbeiter im Alter über 50 Jahre einstellt – meist ist das Kriterium dabei eine mindestens halbjährliche Erwerbslosigkeit. Auch die Europäische Kommission fördert das aktive Altern. Das bedeutet: Sie will ältere Menschen darin unterstützen, ihr Leben so lange wie möglich selbstständig zu führen – und mehr Möglichkeiten zum Arbeiten geben, ob ehrenamtlich oder erwerbsmäßig.
Auf lange Sicht werden Arbeitgeber und Unternehmen ohnehin erkennen müssen, dass entsprechend der demografischen Entwicklung ein Verzicht auf die Silver Workers ohnehin kaum mehr möglich ist. Es stellt sich also die Frage: Warum dann nicht genau planen und damit anfangen, ältere Menschen einzustellen – anstatt in wenigen Jahren festzustellen, dass es ohne gar nicht mehr geht? Denn dann ist der Arbeitsmarkt enger geworden, was auch bedeutet: Die bestqualifizierten potenziellen Mitarbeiter sind schon vergeben. Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de
  

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Sozialkompetenz, Know-how und Erfahrungen: Silver Workers gehören nicht zum alten Eisen (Foto: © stock.adobe.com)

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