Recht & Finanzen

Banken spielten nicht mit

Insolvenzgeschehen in Südwestfalen: Automobilzulieferer mit Problemen – größte Schieflage des Jahres

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von Regiomanager 01.05.2016
Foto: © babimu – stock.adobe.com

„Gemeinsam mit den Kunden werden wir alles daransetzen, das Traditionsunternehmen Kemmerich dauerhaft als zuverlässigen Lieferanten zu erhalten“, kommentiert Dr. Jan-Philipp Hoos die Bestellung von White & Case aus Düsseldorf zum vorläufigen Insolvenzverwalter über die Vermögen der Gebr. Kemmerich GmbH, der Kemmerich GmbH & Co. KG und der Werkzeugbau Gebr. Kemmerich GmbH + Co. KG mit Sitz in Attendorn und Niederau-Gröbern. Kemmerich beschäftigt weltweit rund 1.000 Mitarbeiter, Südwestfalen erlebt damit die größte Firmen-Schieflage des laufenden Jahres. Das Unternehmen wies zuletzt einen Umsatz von 200 Millionen Euro aus. „Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens wird vollumfänglich fortgeführt“, heißt die gute Nachricht. Allein im Attendorner Stammhaus stehen 650 Mitarbeiter auf der Lohn- und Gehaltsliste. Auch Geschäftsführer Thomas Bergen, der das Unternehmen gemeinsam mit Josef Kemmerich leitet, geht optimistisch in die nächsten Wochen: „Wir wollen die Chance nutzen, mit den Instrumenten der Insolvenzordnung das gesunde operative Geschäft so reibungslos wie möglich fortzuführen sowie unsere Finanzierung und unsere Bilanzstruktur neu aufzustellen.“ Der Weg zum Insolvenzgericht sei notwendig geworden, weil die Banken Vorschläge des Unternehmens zur Refinanzierung wider Erwarten zurückgewiesen hätten, hieß es zur Begründung. Kemmerich ist als Spezialist für Umformtechnik weltweit Partner der Automobilindustrie. Die Gruppe fertigt in Deutschland, Spanien, Tschechien und seit 2015 auch in Auburn (Alabama, USA). Das seit 1897 bestehende Traditionsunternehmen entwickelt und fertigt Stanz-, Zieh- und Biegeteile für namhafte Hersteller. In Attendorn fokussiert man sich auf die Entwicklung und die Herstellung komplexer Stanzteile und Schweißbaugruppen, die just in time zugeliefert werden. Eine Spezialität sind Montageprozesse, die vollautomatisiert abgewickelt werden.

Schnippering in Eigenregie

Mit dem Kunststoffverarbeiter Schnippering aus Kierspe ist ein weiterer Zulieferbetrieb der Automobilindustrie ins Schlingern geraten, das Unternehmen soll durch die Sanierung in Eigenregie gerettet werden. Der Geschäftsbetrieb und die Produktion des Unternehmens mit 130 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 8,5 Millionen Euro soll „uneingeschränkt fortgesetzt“ werden, informierte Rechtsanwalt Dr. Peter Neu von der Kanzlei „ATN d’Avoine Teubler Neu“, der zum Sachwalter bestellt wurde. Die Schnippering GmbH & Co. KG wird von den Sanierungsexperten Peter Staroselski und Dr. Ralf Bornemann, Rechtsanwälte der DHPG, sowie dem Unternehmensberater Michael Butz, MB International Consulting, begleitet. Sie teilten mit, dass das Produktionsprogramm und damit auch die Produktion von Schnippering in den vergangenen Jahren aufgrund neuer Produkte umgestaltet werden musste. Dies habe hohe Investitionen in die Anlagentechnik und die Entwicklung von Bauteilen erfordert. „Trotz zufriedenstellender Auftragslage ist aufgrund eines verzögerten Anlaufs größerer zu finanzierender Neuprojekte eine finanziell angespannte Unternehmenssituation entstanden. Ziel aller Beteiligten ist es nun, über das eingeleitete Planverfahren ein tragfähiges und auf Dauer angelegtes Sanierungskonzept zu entwickeln.“

Senioren ausquartiert

Der Weg zur Sanierung ist bei der Senioreneinrichtung an der Brunnenstraße in Ennepetal wohl nicht mehr gegeben: große Aufregung, als die Einrichtung mit 47 Pflegeplätzen und 35 Beschäftigten aufgrund wirtschaftlicher Probleme quasi über Nacht geschlossen wurde. Freitags erfuhren die Angehörigen, dass sich ihre betagten Verwandten eine andere Bleibe suchen und montags ausziehen müssen. Nun folgte die Insolvenz.
Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de

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