Management

Zuwachs in der digitalen Wolke

Cloud Computing setzt sich in Deutschland langsam durch. Die Datensicherheit sorgt weiterhin für Skepsis.

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von Regiomanager 01.07.2016
Foto: © Julien Eichinger – stock.adobe.com

Cloud Computing, vor wenigen Jahren noch skeptisch betrachtet, hat sich mittlerweile zu einer echten Alternative entwickelt. Dass die Auslagerung ins Netzwerk mittlerweile auch bei den deutschen Unternehmen angekommen ist, ist unbestreitbar. Bei der Frage nach dem wie sehr zeigen die Statistiken jedoch stark abweichende Werte. Nach einer Eurostat-Studie vom November 2014 verwenden gerade einmal elf Prozent der deutschen Unternehmen die Cloud. Zum Vergleich: Beim Spitzenreiter Finnland waren es nach dieser Studie ganze 51 Prozent. Ganz anders zeigt es eine Studie des deutschen Digitalverbands Bitkom. Eine Umfrage unter 457 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern hat dort ergeben, dass im Jahr 2015 erstmals mehr als die Hälfte der Deutschen Unternehmen, 54 Prozent, zu Lösungen aus der Cloud griffen. Im Jahr zuvor waren es noch 44 Prozent. Hinkt Deutschland nach der EU-Studie hinter dem Durchschnitt von 19 Prozent hinterher, ist nach der Bitkom-Studie der Durchbruch im Jahr 2015 endgültig gelungen. „Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen“, so Andreas Weiss, Direktor von Eurocloud Deutschland ECO e.V., dem Verband der deutschen Cloud-Computing-Industrie. Zu hinterfragen seien unter anderem die Kriterien, ob ein Unternehmen die Cloud beispielsweise nur für den E-Mail-Verkehr nutze oder ganze Systeme ausgelagert habe. Die Diskrepanz kann ebenfalls dem Umstand geschuldet sein, dass Bitkom kleinere Unternehmen unter 20 Mitarbeitern aus der Studie herausgelassen hat.

Sicherheit ist gegeben 

 
So oder so kann das Cloud Computing nicht mehr weggeredet werden. Ein großes Thema bleiben aber nach wie vor der Datenschutz und die Datensicherheit. Skepsis bereiten sowohl Rechenzentren, die im Ausland stehen und deshalb anderen Datenschutzrichtlinien unterliegen, als auch die Frage nach dem Fremdzugriff.  Laut der Bitkom-Studie fürchten noch immer 58 Prozent der Unternehmen einen unberechtigten Zugriff auf die Daten. Immerhin 45 Prozent haben Sorge um einen Datenverlust. Nach Weiss ist die Angst oft unberechtigt, die Berichte seien oft überspitzt: „Das sind Worst-Case-Szenarien“. Im Gegenteil: Man müsse sich auch immer die Frage nach der Sicherheit der internen IT stellen. „Ich stelle eine erhöhte Professionalität bei den Cloud-Anbietern fest. Ihre Systeme technisch abzusichern ist schließlich deren Kernaufgabe“, so der Direktor. Oft sind die Dokumente also in der Cloud besser gesichert als im internen Verkehr.

Zertifikate sind oft unzureichend

Um Sicherheit zu garantieren, haben Cloud-Anbieter die Möglichkeit, eine Vielzahl von Zertifikaten zu erwerben. Doch auch hier stellt sich für den Kunden die Frage, auf welches Zertifikat er wirklich vertrauen kann. Die European Union Agency for Network and Information Security (ENISA) hat dazu die Cloud Certification Schemes List – kurz CCSL – veröffentlicht, die Auskunft über die relevanten Cloud-Zertifikate gibt. Allerdings gibt Weiss zu bedenken: Bei dieser Auflistung geht es vorrangig um Fragen der Sicherheit, weniger um Datenschutz. Als Alternativen nennt er zwei Möglichkeiten: einmal die Zertifizierung nach dem Trusted Cloud-Datenschutzprofil des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie das hauseigene EuroCloud StarAudit. Die Checkliste der Trusted Cloud geht von Fragen nach der genauen Servicebeschreibung über Vertragstransparenz bis hin zu der Erfüllung der Datenschutzanforderung. Als Schlagwort wird bei den Cloud-Anbietern oft das Label „Made in Germany“ verwendet. Die Intention ist klar: Werden die Daten nach Deutschen Richtlinien verarbeitet, ist die Sicherheit dementsprechend gewährleistet. Doch Weiss gibt zu bedenken: „Dass der Service aus Deutschland bereitgestellt wird, ist nicht von vorneherein eine Qualitätsaussage an sich. Da bedarf es weiterer Erläuterungen“. Pluspunkte seien beispielsweise ein deutscher Ansprechpartner und die Zusage, dass die Daten in Deutschland verbleiben. Allerdings gewährleisteten das auch viele internationale Wettbewerber. So bietet zum Beispiel auch der Spitzenreiter Amazon bei Bedarf Speicher in deutschen Rechenzentren.

Mehr Public Clouds

Eine Entwicklung, die in den letzten Jahren klar bemerkbar ist, ist der Wandel weg von Private Clouds, also Cloud-Lösungen innerhalb eines Unternehmens, zu Public Clouds, in denen die Daten im öffentlichen Netz gespeichert werden. Nach der Bitkom-Studie ist der Anteil an Private-Cloud-Nutzern mit 38 Prozent im Jahr 2015 zu 39 Prozent im Vorjahr relativ stagniert, der Anteil an Public-Cloud-Nutzern mit 26 Prozent zu 16 Prozent im Vorjahr jedoch stark gestiegen. Die EU-Studie konstatiert sogar eine höhere Nutzung von Public Clouds (12 Prozent von 19 Prozent der Nutzer) als von privaten Servern (7 Prozent). Die anfängliche Skepsis, Daten auch dem öffentlichen Netz zur Verfügung zu stellen, ist also gewichen. Nach Andreas Weiss ist das eine Entwicklung, die abzusehen war, private Clouds seien nur für den Übergang und für spezielle Anforderungen entwickelt worden. Das Endprodukt sei also die Public Cloud. Als Trend in die Zukunft sieht Weiss Prozesse, die unter dem Ausdruck „Business Process as a Service“ (BPaaS) zusammengefasst werden. Konkret geht es dabei um die Vernetzung einzelner Cloud-Services: „Der Anwender denkt schließlich prozessorientiert“, so Weiss. Bereits bei einem ganz normalen Ablauf im Prozess einer Firma werden verschiedene Cloud-Angebote benötigt, beispielsweise bei der Akquirierung der Kunden, bei der Auftragsabwicklung, bei der Rechnung und Archivierung. Die große neue Herausforderung sei es, diese Prozesse zu verknüpfen. Das Unternehmen Mesosphere bastelt beispielsweise derzeit an einem Betriebssystem für die Cloud, das die verschiedenen Anbieter miteinander verbinden soll.

Umbruch bei den CIOs

Was derzeit ebenfalls im Umbruch ist, ist die Aufgabe der IT-Abteilung der Unternehmen. Denn mit der Zunahme von Cloud-Lösungen nimmt deren traditionelles Arbeitsfeld mit der Zeit ab. Davon, dass die Informatiker eines Unternehmens obsolet werden, will Andreas Weiss jedoch nicht sprechen: „Das Tätigkeitsprofil wird sich jedoch stark verändern.“ Bisher sei der Fokus auf dem Hardwaresystem, dem Netzwerk und den Anwendungen gelegen, in Zukunft müsse man vom CIO als Servicemanager sprechen. Der CIO wird zum Cloud-Dirigenten, der zwischen Cloud und Anwender vermittelt. Nach wie vor befindet sich die Cloud-Branche im Umbruch. Noch immer ist die digitale Wolke nicht bei allen Unternehmen angekommen – aber sie wird dichter. Den ersten Härtetest hat sie bestanden. Nun gilt es, weitere Lösungen der Vernetzung zu finden, um weitere Effizienz zu schaffen. Nathanael Ullmann | redaktion@regiomanager.de

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